Unternehmen ab 50 Mitarbeitenden in der Pflicht – was gilt es jetzt zu beachten und welche Konsequenzen drohen?
Whistleblowing und der Schutz von Hinweisgebern haben in Deutschland lange Zeit wenig Beachtung gefunden. Doch nun gibt es das Hinweisgeberschutzgesetz, das eine bessere rechtliche Grundlage für Whistleblower schafft. Unternehmen ab 50 Mitarbeitenden sind nach dem Gesetz dazu verpflichtet, eine interne Meldestelle einzurichten, diese gesetzeskonform zu betreiben und bestimmte Fristen einzuhalten.
Das Hinweisgeberschutzgesetz, auch bekannt als „Gesetz für einen besseren Schutz hinweisgebender Personen sowie zur Umsetzung der Richtlinie zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden“ oder kurz das „HinSchG“, wurde nun nach langen Diskussionen und einigen Änderungen im Vermittlungsausschuss des Deutschen Bundestages und des Bundesrates verabschiedet. Mehr Informationen des Gesetzgebers finden Sie unter: https://www.recht.bund.de/bgbl/1/2023/140/VO
Welche Unternehmen sind davon betroffen und ab wann?
Die Etablierung einer Meldestelle im Unternehmen ist ein zentraler Bestandteil des Hinweisgeberschutzgesetzes. Unternehmen mit mehr als 50 Beschäftigten stehen in der Pflicht, eine solche Meldestelle einzurichten. Es gibt aber auch viele Unternehmen, die unabhängig von ihrer Beschäftigtenzahl dazu verpflichtet werden, zum Beispiel in der Finanzbranche. Dieser Pflicht kommen Unternehmen mit der Installation eines sog. Hinweisgebersystems nach. Ein dafür geeignetes Hinweisgebersystem erfüllt beispielsweise die rechtskonforme Bearbeitung eines eingehenden Hinweises hinsichtlich des HinSchG und es ermöglicht eine anonyme Kommunikation mit dem Hinweisgeber / Whistleblower.
Grundsätzlich gelten folgende Bedingungen / Fristen für die Installation einer Meldestelle:
- ab 2. Juli 2023 (d. h. unmittelbar mit Inkrafttreten des Gesetzes): für Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitende
- ab 17. Dezember 2023: für Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitenden und bis 249 Mitarbeitenden
Wichtig: In einigen Branchen und Sektoren ist ein Hinweisgebersystem unabhängig von der Zahl der Mitarbeitenden vorgeschrieben, beispielsweise bei Finanzdienstleistern, im Gesundheitswesen oder im Energiesektor.
Ihre Vorteile durch die Installation einer Meldestelle
Ein Hinweisgebersystem ermöglicht Unternehmen, Haftungsansprüche und Imageschäden zu vermeiden, da Missstände nicht sofort öffentlich publiziert werden. Idealerweise werden Compliance-Verstöße intern aufgedeckt, bevor sie an die Öffentlichkeit gelangen. Wenn Ihr Hinweisgebersystem frühzeitig Kenntnis erlangt, können aktiv und schneller Maßnahmen zur Schadensbegrenzung ergriffen werden.
Darüber hinaus sollen Meldestellen sicherstellen, dass Whistleblower vor Benachteiligungen geschützt sowie Rechtsverstöße untersucht, verfolgt und unterbunden werden. Nach dem neuen HinSchG unterliegen diese Whistleblower einem besonderen Schutz. Ihnen muss die Möglichkeit geboten werden, eine anonyme Meldung abgeben zu können.
Warum sollten Unternehmen die Pflicht zur Einrichtung von Meldestellen ernst nehmen?
- Imageschäden vermeiden
- Gesetzliche Auflage
- Bußgeld-Thematik
- …
Hinweisgeber sollen laut Gesetz vorrangig die internen Meldestellen der Unternehmen kontaktieren, bevor vermutete Verstöße an externe, staatliche Meldestelle gelangen. Dies ist ein Anreiz für Unternehmen ein eigenes Hinweisgebersystem zu betreiben. Eine vertrauensvolle Gestaltung der Meldeprozesse ist daher im Interesse jedes Unternehmens. Dadurch besteht die Möglichkeit, potenzielle Verstöße intern zu beheben, bevor sie an die Öffentlichkeit gelangen und mögliche negative Auswirkungen minimieren.
Welche Strafen können Unternehmen erwarten?
Die Nichteinhaltung sowie Verstöße gegen die zentralen Anforderungen des HinSchG werden als Ordnungswidrigkeit geahndet und mit Bußgeldern bestraft.
Bereits 2022 hat die italienische Datenschutz-Aufsichtsbehörde ein Krankenhaus mit einem Bußgeld von 40.000 Euro belegt. Die Gesundheitseinrichtung und der IT-Dienstleister hatten beim Aufbau der Meldestelle einige Fehler begangen.
Mehr Informationen dazu: https://edpb.europa.eu/news/national-news/2022/whistle-blowing-without-privacy-italian-sa-fines-hospital-and-it-service_en
Die Lösung: Einführung eines Hinweisgebersysteme gemeinsam mit unseren Experten
Als Compliance-Experten unterstützen wir Sie nicht nur bei der Aufklärung der neuen rechtlichen Gegebenheiten, sondern helfen Ihnen bei der Einführung und dem Betrieb Ihres Hinweisgebersystems sowie bei der Etablierung der damit verbundenen Prozesse.
Der Gesetzgeber stellt verschiedene Anforderungen an die Systeme und Personen, die mit den Aufgaben einer internen Meldestelle betraut werden. An die Beschäftigten der Meldestelle wird vor allem Unabhängigkeit bei der Ausübung ihrer Tätigkeit gefordert. Es ist jedoch erlaubt, dass diese Personen neben ihrer Tätigkeit für die Meldestelle auch andere Aufgaben wahrnehmen, solange dadurch keine Interessenkonflikte entstehen (§ 15 Abs. 1 HinSchG). Ihr Unternehmen muss sicherstellen, dass die mit der Meldestelle betrauten Personen über die erforderliche Fachkunde verfügen (§ 15 Abs. 2 HinSchG).
Die Einrichtung und der Betrieb einer internen Meldestelle erfordern zweifellos Ressourcen auf Seiten des Unternehmens. Es müssen geeignete Mitarbeiter vorhanden sein, die auch nach den neuen rechtlichen Gegebenheiten und Fristen geschult sind, um eingehende Meldungen konform zu bearbeiten.
Fazit
Das Hinweisgeberschutzgesetz tritt am 2. Juli 2023 in Kraft. Wir raten Ihnen als sofort betroffenes Unternehmen (ab 250 Mitarbeitenden) sich schnellstmöglich um die Umsetzung zu kümmern. Unternehmen von 50 bis 249 Mitarbeitenden raten wir, sich zeitnah mit der Umsetzung und der Aufgabenverteilung auseinanderzusetzen.
Beachten Sie bitte, dass bei Einführung eines Hinweisgebersystems auch der Betriebsrat, Ihr Datenschutzbeauftragter und ggf. weitere Stabsstellen miteinzubinden sind.
Wir raten Ihnen Folgendes:
- Setzen Sie sich mit der neuen Rechtslage auseinander (auch als Unternehmen unter 50 Beschäftigten).
- Vergewissern Sie sich, ob Ihr Unternehmen auf Grund der Branche (z. B. Verpflichtung aus dem KWG) unabhängig von der Beschäftigtenzahl ein Hinweisgebersystem betreiben muss.
- Berücksichtigen Sie, dass dem Betriebsrat bei der Ausgestaltung des Hinweisgebersystems Mitbestimmungsrechte zustehen.
- Binden Sie bei der Einführung eines Hinweisgebersystems frühzeitig Ihre Stabstellen, Ihre Beauftragten (z. B. Ihren benannten Datenschutzbeauftragten, IT-Sicherheitsbeauftragten, aber auch Gleichstellungsbeauftragte) ein.
- Vergewissern Sie sich, wie Sie im Unternehmen mit Meldungen von Hinweisgebern verfahren.
- Verschaffen Sie sich für die Einführung eines Hinweisgebersystems einen Überblick über die relevanten Gesetze und Vorschriften von denen Ihr Unternehmen betroffen ist (Stichwort: Rechtskataster).
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-Beitragsbild: https://pixabay.com/de/photos/hammer-b%C3%BCcher-gesetz-gericht-719066/